Portrait

Ärger mit Netflix

Würde man einen mir unbekannten Film vorspielen und mir die unverkennbare, im Vorspann präsentierte Einblendung des Schriftzugs Netflix-Original vorenthalten, würde ich mit höchstwahrscheinlicher Sicherheit festlegen können, dass es sich nicht um ein Blockbuster aus Hollywood handelt, sondern um eine Produktion, in der, inwieweit auch immer, Netflix seine Finger im Spiel hatte. Zumindest bei 99% aller mir gezeigten Filme. Der Netflix-Beigeschmack lässt sich eben nicht übertönen. Es ist eine, um es nicht gleich zu Anfang wertend zu beschreiben, eigensinnige Art Filme zu produzieren. Und ja, nicht alle Filme sind von Netflix selbst produziert. Aber selbst jene, die für Netflix produziert wurden, sind mit einer selten penetranten Eigenart behaftet. Sie sind, und jetzt werde ich ohne große Wortkunst wertend, schlecht.

Die Filmkunst siecht mit dem Erstarken der Netflix-Filmkultur unaufhaltsam dahin. Ich schreibe diesen Artikel in der Hoffnung, dass ich über Reaktionen auf ähnliche Ansichten stoße. Denn über so manche Kunst lässt sich bekanntlich nur durch mutige Aussprache debattieren. Die Suche nach einem Film auf Netflix dauerte bei mir bislang immer länger als der Spielfilm selbst, denn Vergeblich suche ich immer aufs Neue nach packenden Filmen auf dem höchsten Niveau der Filmkunst im gewohnten Stile Hollywoods. Weder die Kameraführung, noch die Story und noch viel weniger die Darsteller konnten mich bislang überzeugen. Ich werde meine Mitgliedschaft womöglich bald kündigen. Keineswegs möchte ich mich hier als Experte für den technischen und künstlerischen Anspruch in Filmproduktionen auftun.

Ich gehe nach dem einfachen Prinzip der Überzeugung. Dafür gebe ich jedem Film 20 Minuten Zeit. Die meisten muss ich verärgert abbrechen. Aber die Traummaschine der aufsteigenden Netflix-Ära scheint das Verständnis für einen breiten Filmgeschmack tiefgreifend geprägt zu haben. So wird für mich die Unterhaltung mit Filmen zu einem Hobby, das sich vordergründig durch die gezielte und gekonnte Jagd nicht Raritäten im schier unüberschaubaren Filmangebot auszeichnet. Wer sich mit den Herausforderungen des Journalismus und seiner Qualität zu Beginn des Aufstiegs von konkurrierenden Online-Angeboten eingehend befasst hat, kann so manch medienökonomische Ansätze problemlos auf die Filmbranche übertragen.

Denn auch hier stehen Akteure, selbst als Monopolisten unter gewissem Druck. Netflix kooperiert mit Filmproduktionsfirmen. Und natürlich geht es hier um nichts anderes als satte Gewinnausschüttungen. Inwieweit Netflix´s ausgehandelte Verträge mit Produktionsfirmen Einfluss auf Produktionsweise und Qualität haben, bleibt Spekulation. Aber der Gedanke liegt nicht fern, dass die Qualität, in alle Richtungen, in direkter Verbindung mit Netflix`s wirtschaftlichen Interessen steht. Noch vor zwei Jahrzehnten galt das Modell Streaming als Rettung und Meilenstein gegen Milliardenverluste durch Urheberrechtsverletzungen. Auch der Wertschöpfungskette von Medienproduktionen aller Art galt sie als Bereicherung. Sie zerschlug Raubkopiererei und schenkte der Film- und Musikbranche solide Finanzierungslösungen.

Aus Rettung wurde eine neue Grundlage für Milliardenschwere Online-Produkte. Auf You Tube findet man immer noch so manch weitgehend geheim gebliebene Kunstwerke und daneben auch sogenannte Shortmovies, produziert von Studenten und Hobbyfilmern. Doch wer weiß schon, wie lange der „Film“ unabhängig bleiben wird. Denn der Erfolg von Netflix macht sich scheinbar wenig aus wahrgenommener Qualität.

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