Horrorfilme

Midsommar

Amerikanisch-schwedischer Horrorfilm /2019

Regisseur: Ari Aster

Bewertung: 7/10

Halil Celiksoy

Regisseur Ari Aster lässt uns in „Midsommar“ in eine von Drogenrausch und okkultistischer Ekstase verzerrte Bilderwelt eintauchen. Hierfür nutzt Kameramann Pawel Pogorzelski die Wirkungskraft äußerst kunstvoll beweglicher Bilder, die sich im grün-weißen Setting wendungsreich winden und drehen. Die Reizüberflutung durch Farben, ungeheuer starker Kontraste, verstörende Cuts und kaum vorherzusehende Plots lassen keinen Zweifel an der Verschmelzung von Realität und Wahnsinn. Midsommar ist in jedem Fall mehr Kunst als eine historisch und kulturell ernst gemeinte Story. Und genau das ist auch der Kern meiner Rezension. Wo die Farb- und Effektpallette bis zum Überdruss ausgeschöpft wird, fehlt es an einer authentischen und rationalen Story. Man erfährt nicht genug über die Hintergründe der sektenhaften Kommune in einer kleinen schwedischen Gemeinde, die sich mitten in einer idyllischen Umgebung befindet. Außer eben, dass das Altern, wie wir es kennen abgelehnt und verachtet wird. Der schmerzvolle Tot ist dem Menschen nicht würdig. Die Charaktere, bis auf Dani (Florence Pugh) und Christian (Jack Raynor) bleiben undurchdringlich und nicht detailreich dargestellt. Wie sind die Menschen dort hingekommen und was bewegt sie, ihr Leben voll und ganz dieser Sekte zu widmen? Die Rollen wirken unecht, übersteuert in Mimik und Ausdruck und nahezu unmenschlich, weil jedes Mitglied eine unpassende Facette aufsetzt, um all das Grauenvolle zu übersehen. Abgerundet wird das Ganze mit eigensinnigem und sich wiederholendem Ritus. Vor dem Hintergrund eines weitgehend übersichtlichen Bildersettings wirken solche Charaktere wie abgerichtet und programmiert. Hier fehlt es also an menschlichen Zügen und einer gesunden Bindung zur Normalität. Auch die Clique von Christian beschließt, trotz der offensichtlichen Grausamkeiten, weiterhin zu bleiben. Der Dissertation wegen. Für mich sind die Beweggründe und charakterlichen Eigenschaften nur ansatzweise dargestellt. Für eine Geschichte mit Überzeugungskraft zu wenig. Dennoch hat Midsommar das große Potenzial, zu den meistdiskutierten Horrorfilmen aufzusteigen. Letztendlich bedient es unseren Wunsch, den gewohnten Eindrücken und Erlebnissen des alltäglichen Lebens zu entrinnen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Social Share Buttons and Icons powered by Ultimatelysocial