HorrorfilmeThriller

“Revenge” ist ein blutiges Rachespektakel vom Feinsten

Titelbild: Monkey Pack Production/MES Films

Ich liebe französische Horrorfilme

Vermutlich der beste Rape-and-revenge-Film

Rape-and-Revenge-Filme erfordern ein Höchstmaß an Perfektion in der Aneinanderreihung einzigartiger Bilder in den richtigen Momenten, durch die sich kompromisslose Gewalt und zerrende Spannung in einen visuellen Erlebniscocktail wandeln. Charakterisiert sind diese Filme durch die Inszenierung scheinbar banaler Momente und zugleich brutaler Aufnahmen, die durch den richtigen Winkel zur Hochspannung beitragen. Das Muster dieser Filme ist stets das Gleiche und doch ist das Potenzial für unterschiedlichste Spannungserlebnisse bei kaum einem anderen Subgenre so stark vorhanden wie in solchen Rachefilmen, in denen gebrochene Personen quasi von den Toten auferstehen und sich in einen blutigen Rachefeldzug begeben. Die filmische Landschaft der blutigen Rachefilme im Allgemeinen ist übersichtlich, zumindest wenn man sich auf bedeutende Produktionen (nicht nur speziell rape-and-revenge) konzentriert.

Erwähnen lassen sich hier zum Beispiel „Last house on the left“ und „What keeps you alive“. Sie alle haben eines gemeinsam: Menschen, die im Grunde nichts mit Gewalt zu tun haben, werden zu entschlossenen Jägern und begeben sich auf eine tödliche Hetzjagd, um nur ein einziges Ziel zu verfolgen: Die an ihrem vorsätzlich herbeigeführten Schicksalschlag Verantwortlichen zur Strecke zu bringen. In der Kunstfertigkeit Rache hat sich auch Mel Gibson als Könner erwiesen, beispielsweise in „Apocalypto“ oder „The Paparazzi“, wird jedoch ungerechterweise kaum erwähnt. Und eines möchte ich gleich vorweg schicken: Ich bin kein Fan davon, gerade in diesem konkreten Subgenre, abwegige Vergleiche zu vorangegangenen Produktionen herzustellen. Ich widerspreche auch der verbreiteten Meinung durch andere Rezensenten, dass Revenge auch nur ansatzweise etwas mit dem steinalten Streifen „die Jungfrauenquelle“ von Ingmar Bergmann zu tun hat oder dass sich dieses Subgenre gar von diesem Film hat prägen lassen. Wir sollten solche Filme wirklich in der weit zurück liegenden Vergangenheit lassen. Für die heutige Kunst der schillernden Rachefilme haben sie keine Bedeutung mehr.

Die Franzosen können Horror sehr gut

Aber weiter mit Revenge. Nach mehreren einzigartigen Erlebnissen habe ich vollstes Vertrauen in die französische Kunst des Filmemachens. Was die deutschen Filmemacher niemals erreichen werden, haben französische Produzenten sogar noch erweitert, perfektioniert und auf eine neue Dimension gebracht. Inzwischen führen französische Horrorfilme ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Horrorfilmen aus den USA. Die sehen neben den Franzosen nämlich immer älter aus. Schon in High Tension ließen die französischen Filmemacher uns das Blut in den Adern gefrieren. Die kunstvolle Brutalität im Film hat offensichtlich immer auch einen guten französischen Stil. So auch in Revenge, den ich mir etwas genauer unter meine Rezensionslupe nehmen werde. Die französische Regisseurin Coralie Fargeat hat mit Revenge einen quietschbunten Rachestreifen geschaffen, in dem das luxuriöse Leben drei reicher Männer und spritzendes Blut zu einer spannungsgeladenen Farbpalette zusammenschmelzen, bei der zugleich kein Zweifel daran besteht, dass es sich hier um einen feministischen Rachefilm handelt. Denn der Film erzählt eine Geschichte, in der sich eine junge Frau gegen eine Gruppe voyeuristischer und kranker Männer zur Wehr setzt. In der Villa spielt sich eine brutale Vergewaltigung ab, bei der keiner der Männer ein moralisches Gewissen zu entwickeln scheint.

Aber zunächst zum Anfang. Der reiche Geschäftsmann Richard (Kevin Janssens) bricht mit dem Hubschrauber auf ein Jagdwochenende auf. Mitten in der Wüste wartet dort eine Villa mit Swimmingpool auf ihn, in der er mit zwei weiteren Geschäftspartnern eine ausgelassene Party feiern möchte. Er kommt jedoch früher als geplant und hat seine attraktive Geliebte Jen (Matilda Anna Ingrid Lutz) mitgebracht. Unerwartet tauchen seine zwei Freunde Stan (Vincent Colombe) und Dimitri (Guillaume Bouchède) ebenso früher auf, die sich erkennbar beeindruckt von seiner Geliebten zeigen. Die Nacht bricht ein und der Alkohol beginnt zu fließen. Jen tanzt ausgelassen, unter anderem mit Stan, der ihrer Schönheit verfallen zu sein scheint. Stan interpretiert diese Nacht als offenkundigen Flirt und kann die ablehnende Haltung der jungen Frau am nächsten morgen nicht akzeptieren. Nach einem bedrohlichen Gespräch mit Anhörungscharakter und skurrilem Wirrwarr kommt es zur Vergewaltigung in der Villa. Kurz darauf taucht Richard wieder auf.

Dieser reagiert jedoch nicht wie erwartet, sondern bietet Jen ein Schweigegeld und eine vermeintlich lukrative Zukunft an. Nach einer heftigen Auseinandersetzung mit Richard flüchtet Jen in die Wüste. Die Männer bleiben ihr dicht an den Fersen und die Verfolgung endet an einem Felshang, an dem es nicht mehr weiter geht. Nach einem misslungenen Versuch, zu einem Kompromiss zu kommen, schubst Richard seine Geliebte in die Schlucht. Jen landet nach einem tiefen Fall mit dem Rücken auf einem senkrecht stehenden abgebrochenen Ast und wird aufgespießt. Richtig platziert sind authentische Gestik und sekundengenaue Schnitte, die sich zu einem atemberaubenden und reißerischen Thriller zusammenbrauen. So landet ein Bluttropfen in Zeitlupe direkt neben einer Ameise. Ihre Augen blicken verwirrt und Kopfüber auf die Umgebung während das Blut über ihre Lieder und das ganze Gesicht rinnt. Mit solch detaillierten Aufnahmen beweist die Regisseurin ausgezeichnetes Können, die Kamera auf die richtigen Winkel zu halten, den Moment der Spannung und des Entsetzens mit wirksamen Aufnahmen aus dem direkten Umfeld einzufangen und überzeugende Bilder mit unverwechselbaren Momenten zu kreieren. Revenge ist in der Tat ein kameratechnisches Erlebnis, dass jeden Fan in dieser Richtung begeistern wird. Die Bilder wechseln rasant, gekonnt und kompromisslos und zeichnen ein Blutbad der besonderen Klasse. Die Protagonistin rechnet ungehemmt mit einer Gruppe frauenfeindlicher und brutaler Männer ab. Wer hohe technische und erzählerische Ansprüche setzt, kommt mit Revenge voll auf seine Kosten.

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